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1992-09-03
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9KB
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141 lines
Thema: ASYLRECHT - Probleme & Perspektiven
Den folgenden Artikel habe ich eigentlich als 'Deutsche Hausaufgabe'
( ja, genau so ein Aufsatz, für den man eine Woche Zeit hat und den
man dann am Abend vor dem Abgabetermin schnell noch hinkritzelt )
geschrieben. Da jedoch diese Thematik durch die Krawalle in Rostock
wieder eine traurige Aktualität erlangt hat, habe ich mich entschlossen,
ihn auf der Forum-Amiga zu veröffentlichen.
In den letzten Monaten häufen sich Berichte von Übergriffen auf Aus-
länder. Der Haß richtet sich dabei vor allem gegen die sogenannten
Scheinasylanten, Wirtschaftsflüchtlinge aus der dritten Welt, die in
Deutschland offensichtlich unbegründet Asylanträge stellen. Ein Problem
dabei ist die Tatsache, daß die Bearbeitung der Asylanträge dieser Men-
schen recht lange Zeit in Anspruch nimmt und vom Steuerzahler ziemlich
große Summen fordert. Ein weiterer Grund für den aufkommenden Unmut ist
die Tatsache, daß diese Einwanderer bisher nicht arbeiten durften und
auch nach Ablehnung des Asylantrages aus humanitären Gründen nicht ab-
geschoben wurden.
Allerdings haben diese Wirtschaftsflüchtlinge, die in ihren Heimatländern
keine Zunkunftsperspektive mehr haben und deshalb auswandern, keine andere
Möglichkeit, in Deutschland einzuwandern, als den Weg über einen Asylantrag.
Daß sie dabei vor allem Deutschland als Ziel wählen, liegt an dem, im
Vergleich zu anderen Industrieländern, sehr freizügigen Asylrecht.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob man diesen 'Scheinasylanten'
nicht durch eine Einwanderungsquotenregelung die Möglichkeit zur Aufnahme
in die Bundesrepublik geben sollte, um die Zahl der langwierigen und kost-
spieligen Asylverfahren zu verringern.
Der große Vorteil einer Einwanderungsquote läge in der Tatsache begründet, daß
damit die Flut der Asylanträge deutlich verringert werden könnte. Darüberhinaus
bedürfte es auch keiner Grundgesetzänderung, denn Flüchtlinge, die nur aus
wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik einreisen möchten, könnten, so-
lange die Einwanderungsquote nicht überschritten wird, problemlos in Deutschland
eine neue Heimat finden. Es wäre nicht mehr nötig, über den Umweg eines büro-
kratisch sehr aufwendigen Asylverfahrens ihr Anliegen zu prüfen, sondern sie
könnten sehr bald die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und danach sofort
damit beginnen, zu arbeiten. Dadurch bräuchten sie auch nur eine kurze Zeit
in Sammellagern zu verbringen und die Integration ginge wesentlich schneller
von statten.
Durch diese Beschleunigung würde auch das Problem der überfüllten Sammelunter-
künfte der Vergangenheit angehören, da, wie schon gesagt, die Zeitspanne von der
Einreise bis zum Erlangen der Staatsbürgerschaft sehr kurz wird.
Der deutsche Steuerzahler würde entlastet, da diese Einwanderer eine erheblich
kürzere Zeit von Sozialhilfe leben müßten als Asylantragsteller, deren Anträge
wegen Personalmangels oft monatelang bearbeitet werden, obwohl in den meisten
Fällen schon von vorneherein klar ist, daß bei Asylablehnung eine Abschiebung aus
humanitären Gründen nicht in Betracht kommt.
Die Anträge von Flüchtlingen, die wirklich politisch verfolgt werden und in
ihren Heimatländern um Leib und Leben fürchten müssen, ließen sich indessen in
wesentlich kürzerer Zeit bearbeiten, da durch den Wegfall der Scheinasylanten
Kapazitäten bei der Antragsbearbeitung frei würden. Wirklich bedrohten
Menschen könnte somit schnell und relativ problemlos geholfen werden.
Nicht zu vergessen wäre auch der psychologische Aspekt einer Einwanderungsquote.
Während heute noch die Zahl der Asylanträge von Monat zu Monat steigt, würden
diejenigen Bevölkerungsschichten, die sich davon bedroht fühlen, wenigstens
erkennen, daß die Aufnahme von Ausländern damit zumindest in geregelten Maßen
stattfindet und nicht mehr, wie bisher, nahezu jeder in die Bundesrepublik auf-
genommen wird.
Jedoch gibt es bei der Einführung einer Quotenregelung auch nicht unerhebliche
Probleme.
Zum einen erhebt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Einwanderungsge-
nehmigungen verteilt werden sollen. Sollte man sie in der Reihenfolge vertei-
len, wie Anträge eingereicht werden, würde das bedeuten, daß die Quote eines
Jahres bereits im Februar erreicht ist. Darüberhinaus würde eine Quotenrege-
lung dazu führen, daß auch solche Menschen versuchen würden, einzuwandern,
die bislang auf jeden Fall abgeschoben worden wären, z.B., weil es ihnen
zuhause vergleichsweise gut geht, während wirklich Hilfsbedürftige dann leer
ausgehen.
Ein weiterer Problempunkt ist der Status der deutschen Aussiedler. Nach gel-
tendem Recht handelt es sich bei ihnen um Deutsche, die somit auch nicht
unter die Einwanderungsquote fallen würden. Für sie müßte eine eigene Quote
geschaffen werden, was sich allerdings nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren
läßt.
Zudem könnten Einwanderungswillige, die aufgrund einer erfüllten Quote abge-
wiesen wurden, trotzdem versuchen, über den Weg des Asylrechts in die Bundes-
republik zu gelangen. Wie jeder Antragsteller hätten auch diese ein Recht
auf die Überprüfung ihrer 'Asylwürdigkeit', - die Verhältnisse in ihrem Land
könnten sich ja in der Zwischenzeit geändert haben. Zwar würden diese An-
träge in den meisten Fällen abgelehnt, da eine Quotenregelung nur im Zu-
sammenhang mit einem verschärften Asylrecht sinnvoll ist, jedoch würde die
erhoffte Abnahme der Asylanträge keinesfalls eintreten, und somit wäre der
Sinn der Quotenregelung wieder in Frage gestellt.
Auch gegen den teilweise bestehenden Ausländerhaß wird eine Quotenregelung
nicht viel ausrichten können. Für jemanden, der sich ein ausländerfreies
Deutschland wünscht, oder zumindest keine zusätzlichen Ausländer im Land
sehen will, ist es ein schwacher Trost, wenn der Zustrom, auf welchem Niveau
auch immer, lediglich eingefroren wird. Somit wird er auch weiterhin auslän-
derfeindliche Parolen verbreiten, - wenn er nicht sogar tätlich gegen Aus-
länder vorgeht.
Diese Ausführungen zeigen, daß weder das bisherige Asylrecht noch eine
Einwanderungsquote zur Lösung des Problems geeignet sind. Auf jeden Fall muß
das Grundrecht auf Asyl gewahrt bleiben, wobei gleichzeitig ein Mißbrauch ent-
schieden verhindert werden muß. Daß die derzeitige Situation mit überfüllten
Flüchtlingslagern und wartenden, von der Sozialhilfe ernährten Menschen, zu
Unmut in der Bevölkerung führt, ist ja verständlich. Jedoch richtet sich der
Haß der Bevölkerung nicht auf die Politiker, die für diese verfehlte Asyl-
politik eigentlich zur Verantwortung zu ziehen sind, sondern gegen die Flücht-
linge selbst, die eigentlich nach Deutschland kamen, weil sie Hilfe bedürfen.
Die Strategie der Regierung muß es sein, diesen Menschen möglichst effektiv
zu helfen, ohne, wie derzeit, Steuergelder zu verschwenden. Zum einen müßten
die Asylverfahren derart beschleunigt werden, daß Antragssteller binnen
zwei-drei Wochen entweder angenommen oder abgeschoben werden und zum andern
müßte einer begrenzten Anzahl von Menschen, die zuhause deutlich unter dem
Existenzminimum leben würden, der Aufenthalt in Deutschland gestattet werden.
Diese Regelung sollte aber so ausgelegt werden, daß Menschen, die sich in
Deutschland nur ein schönes Leben machen wollen, obwohl es ihnen in ihrem
Heimatland vergleichsweise gut geht, nicht einwandern dürfen.
Im Hinblick auf die europäische Einigung ist es jedoch mehr als fraglich,ob
Deutschland wirklich noch ein neues Asylgesetz benötigt. Selbst wenn die Ent-
scheidung noch innerhalb dieses Jahres gefällt werden kann, so muß spätestens
in zwei Jahren im Zuge der Harmonisierung wieder daran herumgebastelt werden.
Sinnvoller wäre es, schon jetzt mit den anderen EG-Staaten ein Asylrecht
auszuarbeiten, das politisch Verfolgten und, unter bestimmten Voraussetzungen,
Armutsflüchtlingen, ein Aufenthaltsrecht garantiert.
Ein weiterer Schritt muß es sein, langfristig die Ursachen der Flüchtlings-
ströme in die Industrieländer zu beseitigen. Wenn es gelingt, den Menschen
in der dritten Welt neue Zukunftsperspektiven zu geben und vor allem den
Hunger in diesen Ländern zu bekämpfen, wird auch die Zahl der Flüchtlinge
zurückgehen und somit auch das Problem des 'Flüchtlingshasses' in Deutschland
beseitigt werden.
Es bleibt zu hoffen, daß die Politiker angesichts dieser jüngsten Vorfälle
einmal handeln, anstatt ihr Gewissen zu beruhigen, indem sie die Vorfälle
'auf das schärfste verurteilen'. Denn dafür braucht man keine Diäten be-
zahlen - das kann man auch alleine !
- Acki.
PS: Wer ebenfalls die 10. oder 11. Klasse besucht und ein ähnliches Thema
für den beliebten Hausaufsatz bekommt, darf sich hier gerne bedienen.
Aufgrund recht un-objektiver Berwertungskriterien der meisten Deutsch-
lehrer kann ich aber leider für NICHTS garantieren !
Oberspeiwiesen ( ähäm ... natürlich Oberkotzau) , den 31.8.'92