home *** CD-ROM | disk | FTP | other *** search
/ Amiga Inside! / Amiga FD Inside (1995)(Ultramax).iso / forumamiga / ausgabe09 / texte / asylrecht < prev    next >
Text File  |  1992-09-03  |  9KB  |  141 lines

  1.  
  2.  
  3.              Thema: ASYLRECHT - Probleme & Perspektiven
  4.  
  5.  
  6. Den folgenden Artikel habe ich eigentlich als 'Deutsche Hausaufgabe'
  7. ( ja, genau so ein Aufsatz, für den man eine Woche Zeit hat und den
  8.   man dann am Abend vor dem Abgabetermin schnell noch hinkritzelt )
  9. geschrieben. Da jedoch diese Thematik durch die Krawalle in Rostock
  10. wieder eine traurige Aktualität erlangt hat, habe ich mich entschlossen,
  11. ihn auf der Forum-Amiga zu veröffentlichen.
  12.  
  13. In den letzten Monaten häufen sich Berichte von Übergriffen auf Aus-
  14. länder. Der Haß richtet sich dabei vor allem gegen die sogenannten
  15. Scheinasylanten, Wirtschaftsflüchtlinge aus der dritten Welt, die in
  16. Deutschland offensichtlich unbegründet Asylanträge stellen. Ein Problem
  17. dabei ist die Tatsache, daß die Bearbeitung der Asylanträge dieser Men-
  18. schen recht lange Zeit in Anspruch nimmt und vom Steuerzahler ziemlich
  19. große Summen fordert. Ein weiterer Grund für den aufkommenden Unmut ist
  20. die Tatsache, daß diese Einwanderer bisher nicht arbeiten durften und
  21. auch nach Ablehnung des Asylantrages aus humanitären Gründen nicht ab-
  22. geschoben wurden.
  23. Allerdings haben diese Wirtschaftsflüchtlinge, die in ihren Heimatländern
  24. keine Zunkunftsperspektive mehr haben und deshalb auswandern, keine andere
  25. Möglichkeit, in Deutschland einzuwandern, als den Weg über einen Asylantrag.
  26. Daß sie dabei vor allem Deutschland als Ziel wählen, liegt an dem, im
  27. Vergleich zu anderen Industrieländern, sehr freizügigen Asylrecht.
  28.  
  29. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob man diesen 'Scheinasylanten'
  30. nicht durch eine Einwanderungsquotenregelung die Möglichkeit zur Aufnahme
  31. in die Bundesrepublik geben sollte, um die Zahl der langwierigen und kost-
  32. spieligen Asylverfahren zu verringern.
  33. Der große Vorteil einer Einwanderungsquote läge in der Tatsache begründet, daß
  34. damit die Flut der Asylanträge deutlich verringert werden könnte. Darüberhinaus
  35. bedürfte es auch keiner Grundgesetzänderung, denn Flüchtlinge, die nur aus
  36. wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik einreisen möchten, könnten, so-
  37. lange die Einwanderungsquote nicht überschritten wird, problemlos in Deutschland
  38. eine neue Heimat finden. Es wäre nicht mehr nötig, über den Umweg eines büro-
  39. kratisch sehr aufwendigen Asylverfahrens ihr Anliegen zu prüfen, sondern sie
  40. könnten sehr bald die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und danach sofort
  41. damit beginnen, zu arbeiten. Dadurch bräuchten sie auch nur eine kurze Zeit
  42. in Sammellagern zu verbringen und die Integration ginge wesentlich schneller
  43. von statten.
  44.  
  45. Durch diese Beschleunigung würde auch das Problem der überfüllten Sammelunter-
  46. künfte der Vergangenheit angehören, da, wie schon gesagt, die Zeitspanne von der
  47. Einreise bis zum Erlangen der Staatsbürgerschaft sehr kurz wird.
  48. Der deutsche Steuerzahler würde entlastet, da diese Einwanderer eine erheblich
  49. kürzere Zeit von Sozialhilfe leben müßten als Asylantragsteller, deren Anträge
  50. wegen Personalmangels oft monatelang bearbeitet werden, obwohl in den meisten
  51. Fällen schon von vorneherein klar ist, daß bei Asylablehnung eine Abschiebung aus
  52. humanitären Gründen nicht in Betracht kommt.
  53.  
  54. Die Anträge von Flüchtlingen, die wirklich politisch verfolgt werden und in
  55. ihren Heimatländern um Leib und Leben fürchten müssen, ließen sich indessen in
  56. wesentlich kürzerer Zeit bearbeiten, da durch den Wegfall der Scheinasylanten
  57. Kapazitäten bei der Antragsbearbeitung frei würden. Wirklich bedrohten
  58. Menschen könnte somit schnell und relativ problemlos geholfen werden.
  59. Nicht zu vergessen wäre auch der psychologische Aspekt einer Einwanderungsquote.
  60. Während heute noch die Zahl der Asylanträge von Monat zu Monat steigt, würden
  61. diejenigen Bevölkerungsschichten, die sich davon bedroht fühlen, wenigstens
  62. erkennen, daß die Aufnahme von Ausländern damit zumindest in geregelten Maßen
  63. stattfindet und nicht mehr, wie bisher, nahezu jeder in die Bundesrepublik auf-
  64. genommen wird.
  65. Jedoch gibt es bei der Einführung einer Quotenregelung auch nicht unerhebliche
  66. Probleme.
  67. Zum einen erhebt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Einwanderungsge-
  68. nehmigungen verteilt werden sollen. Sollte man sie in der Reihenfolge vertei-
  69. len, wie Anträge eingereicht werden, würde das bedeuten, daß die Quote eines
  70. Jahres bereits im Februar erreicht ist. Darüberhinaus würde eine Quotenrege-
  71. lung dazu führen, daß auch solche Menschen versuchen würden, einzuwandern,
  72. die bislang auf jeden Fall abgeschoben worden wären, z.B., weil es ihnen
  73. zuhause vergleichsweise gut geht, während wirklich Hilfsbedürftige dann leer
  74. ausgehen.
  75. Ein weiterer Problempunkt ist der Status der deutschen Aussiedler. Nach gel-
  76. tendem Recht handelt es sich bei ihnen um Deutsche, die somit auch nicht
  77. unter die Einwanderungsquote fallen würden. Für sie müßte eine eigene Quote
  78. geschaffen werden, was sich allerdings nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren
  79. läßt.
  80. Zudem könnten Einwanderungswillige, die aufgrund einer erfüllten Quote abge-
  81. wiesen wurden, trotzdem versuchen, über den Weg des Asylrechts in die Bundes-
  82. republik zu gelangen. Wie jeder Antragsteller hätten auch diese ein Recht
  83. auf die Überprüfung ihrer 'Asylwürdigkeit', - die Verhältnisse in ihrem Land
  84. könnten sich ja in der Zwischenzeit geändert haben. Zwar würden diese An-
  85. träge in den meisten Fällen abgelehnt, da eine Quotenregelung nur im Zu-
  86. sammenhang mit einem verschärften Asylrecht sinnvoll ist, jedoch würde die
  87. erhoffte Abnahme der Asylanträge keinesfalls eintreten, und somit wäre der
  88. Sinn der Quotenregelung wieder in Frage gestellt.
  89. Auch gegen den teilweise bestehenden Ausländerhaß wird eine Quotenregelung
  90. nicht viel ausrichten können. Für jemanden, der sich ein ausländerfreies
  91. Deutschland wünscht, oder zumindest keine zusätzlichen Ausländer im Land
  92. sehen will, ist es ein schwacher Trost, wenn der Zustrom, auf welchem Niveau
  93. auch immer, lediglich eingefroren wird. Somit wird er auch weiterhin auslän-
  94. derfeindliche Parolen verbreiten, - wenn er nicht sogar tätlich gegen Aus-
  95. länder vorgeht.
  96. Diese Ausführungen zeigen, daß weder das bisherige Asylrecht noch eine
  97. Einwanderungsquote zur Lösung des Problems geeignet sind. Auf jeden Fall muß
  98. das Grundrecht auf Asyl gewahrt bleiben, wobei gleichzeitig ein Mißbrauch ent-
  99. schieden verhindert werden muß. Daß die derzeitige Situation mit überfüllten
  100. Flüchtlingslagern und  wartenden, von der Sozialhilfe ernährten Menschen, zu
  101. Unmut in der Bevölkerung führt, ist ja verständlich. Jedoch richtet sich der
  102. Haß der Bevölkerung nicht auf die Politiker, die für diese verfehlte Asyl-
  103. politik eigentlich zur Verantwortung zu ziehen sind, sondern gegen die Flücht-
  104. linge selbst, die eigentlich nach Deutschland kamen, weil sie Hilfe bedürfen.
  105. Die Strategie der Regierung muß es sein, diesen Menschen möglichst effektiv
  106. zu helfen, ohne, wie derzeit, Steuergelder zu verschwenden. Zum einen müßten
  107. die Asylverfahren derart beschleunigt werden, daß Antragssteller binnen
  108. zwei-drei Wochen entweder angenommen oder abgeschoben werden und zum andern
  109. müßte einer begrenzten Anzahl von Menschen, die zuhause deutlich unter dem
  110. Existenzminimum leben würden, der Aufenthalt in Deutschland gestattet werden.
  111. Diese Regelung sollte aber so ausgelegt werden, daß Menschen, die sich in
  112. Deutschland nur ein schönes Leben machen wollen, obwohl es ihnen in ihrem
  113. Heimatland vergleichsweise gut geht, nicht einwandern dürfen.
  114. Im Hinblick auf die europäische Einigung ist es jedoch mehr als fraglich,ob
  115. Deutschland wirklich noch ein neues Asylgesetz benötigt. Selbst wenn die Ent-
  116. scheidung noch innerhalb dieses Jahres gefällt werden kann, so muß spätestens
  117. in zwei Jahren im Zuge der Harmonisierung wieder daran herumgebastelt werden.
  118. Sinnvoller wäre es, schon jetzt mit den anderen EG-Staaten ein Asylrecht
  119. auszuarbeiten, das politisch Verfolgten und, unter bestimmten Voraussetzungen,
  120. Armutsflüchtlingen, ein Aufenthaltsrecht garantiert.
  121. Ein weiterer Schritt muß es sein, langfristig die Ursachen der Flüchtlings-
  122. ströme in die Industrieländer zu beseitigen. Wenn es gelingt, den Menschen
  123. in der dritten Welt neue Zukunftsperspektiven zu geben und vor allem den
  124. Hunger in diesen Ländern zu bekämpfen, wird auch die Zahl der Flüchtlinge
  125. zurückgehen und somit auch das Problem des 'Flüchtlingshasses' in Deutschland
  126. beseitigt werden.
  127.  
  128. Es bleibt zu hoffen, daß die Politiker angesichts dieser jüngsten Vorfälle
  129. einmal handeln, anstatt ihr Gewissen zu beruhigen, indem sie die Vorfälle
  130. 'auf das schärfste verurteilen'. Denn dafür braucht man keine Diäten be-
  131. zahlen -  das kann man auch alleine !
  132.  
  133.                                                              - Acki.
  134.  
  135.  PS: Wer ebenfalls die 10. oder 11. Klasse besucht und ein ähnliches Thema
  136.      für den beliebten Hausaufsatz bekommt, darf sich hier gerne bedienen.
  137.      Aufgrund recht un-objektiver Berwertungskriterien der meisten Deutsch-
  138.      lehrer kann ich aber leider für NICHTS garantieren !
  139.  
  140.           Oberspeiwiesen ( ähäm ... natürlich Oberkotzau) , den 31.8.'92
  141.